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MiFID II & FinVermV: Auswirkungen auf die Aufzeichnung und Aufbewahrung der Kommunikation

Aufzeichnung, Finanzdienstleistung

Finanzmarktrichtlinien haben große Auswirkungen auf Finanzdienstleister in Bezug auf die Aufzeichnung und Auswertung der Kommunikation. So kommen nach dem Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz (MiFID II - Markets in Financial Instruments Directive) mit der kürzlich novellierten Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) auch auf sogenannte 34f Vermittler neue Pflichten zu. Eine davon ist das sogenannte Taping. 34f Vermittler stehen hier vor der Herausforderung, sich mit der Aufzeichnung von telefonischen Beratungsgesprächen vertraut zu machen. Allerdings herrscht vielerorts die Meinung vor, Taping bringe viel Arbeit und insbesondere auch hohe Archivierungskosten mit sich. Wir erklären was es damit auf sich hat, zeigen, welche Auswirkungen die Regelung konkret auf die Aufzeichnung und Aufbewahrung der Kommunikation hat und wie Finanzdienstleister sogar davon profitieren können.

MiFID II & FinVermV: Bedeutung und Auswirkungen

Ziel der Finanzmarktrichtlinie MiFID II und der Finanzanlagenvermittlungsverordnung FinVermV ist es, die Sicherheit am Markt zu erhöhen, Transparenz zu schaffen und damit den Kunden einen umfänglicheren Schutz zu bieten. Allerdings gibt es auch regulatorische Anforderungen hinsichtlich der Aufzeichnungs-, Dokumentations-, Aufbewahrungs- und Benachrichtigungspflicht telefonischer und elektronischer Kundenkommunikation.

MiFID II

Das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz (MiFID II), mit dem die EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente in deutsches Recht umgesetzt wird, ist bereits seit über einem Jahr in Kraft. Die Richtlinie stellt das regulatorische Rahmenwerk für Wertpapierdienstleistungen in Europa dar und beeinflusst die Arbeitsweise europäischer Finanzmärkte. Sie legt fest, welche Regeln Banken und Vermögensverwalter bei Anlagegeschäften mit Privatkunden befolgen müssen.

In der MiFID II-Richtlinie wurden Regelungen der MiFID I-Richtlinie verschärft und neue Regeln hinzugefügt, die bisher nicht definiert waren. Ziel war vor allem den Anlegerschutz weiter zu verstärken und die Transparenz der Finanzmärke zu erhöhen. Die Einhaltung der Richtlinie wird in Deutschland durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwacht. Verstöße werden mit hohen Bußgeldern - bis fünf Mio. € - oder auch mit Handelsverboten geahndet.

MiFID II umfasst gut 7.000 Seiten – das Regelwerk dazu sogar 20.000 Seiten. Auf diesen Seiten gibt es eine Regelung, deren Umfang mit gerade einmal einer dreiviertel Seite sehr gering, deren Auswirkung auf das tägliche Bankengeschäft allerdings umso größer ist: das sogenannte Taping. Die genauen Anforderungen hierfür sind wie folgt:

Aufzeichnungspflicht:

Banken, Haftungsdächer und Vermögensverwalter mit BaFin Lizenz nach § 32 des Kreditwesengesetzes (KWG) sind nach MiFID II Artikel 16 Abs. 7 (Taping) verpflichtet telefonische oder Video geführte Beratungsgespräche, sowie jegliche damit in Verbindung stehende elektronische Kommunikation aufzuzeichnen und revisionssicher zu speichern:

  • Alle Beratungsgespräche per Telefon, Chat, Video-Telefonie, Co-Browsing etc.
  • Gespräche, die zu einem Abschluss eines Geschäftes bzw. zur Platzierung einer Kundenorder führen
  • Ändern und Stornieren von Aufträgen
  • Beratungsgespräche, die lediglich mit der Absicht zum Abschluss eines Geschäftes erfolgen
  • Gespräche innerhalb der Wertpapierfirma, sofern diese im Zusammenhang mit der Beratung stehen

Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht:

Die Aufzeichnungen müssen fünf Jahre aufbewahrt werden. Fristbeginn ist die Aufzeichnungserstellung. Auf Verlangen der Aufsicht kann die Aufbewahrungspflicht sieben Jahre betragen. In dieser Zeit sollte, für den Fall der Anforderung durch die BaFin, eine schnelle Auffindbarkeit der Aufzeichnung gewährleistet sein. Es muss sichergestellt sein, dass die archivierten Gespräche nicht manipuliert oder gelöscht werden können. Zudem ist sicherzustellen, dass etwaige Manipulation nachverfolgbar sind.

  • Aufzeichnung in einem Format, welches Veränderungen ausschließt
  • Speicherung auf einem dauerhaften Datenträger
  • Export auf Kundenwunsch als z.B. WAV oder Text

Benachrichtigungspflicht:

Kunden müssen informiert werden, dass die Kommunikation aufgezeichnet wird. Zudem muss der Kunde erfahren, dass er eine Kopie der Aufzeichnung der Gespräche auf Anfrage innerhalb der Aufbewahrungsfrist verlangen kann. Wenn der Kunde der Aufzeichnung widerspricht, darf keine Beratung erbracht werden, soweit sie sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen bezieht.

  • §201 Abs.1 StGB: Unbefugtes Aufnehmen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes eines anderen wird bestraft
  • §4 Abs.1 BDSG: Gestattung durch andere Rechtsvorschrift
  • Gestattung gemäß § 28 BDSG durch Einwilligung nach §4a BDSG in schriftlicher Form oder bei besonderen Umständen durch mündlich/konkludente Einwilligung z.B. Tastendruck / Telefonansage

FinVermV

Die novellierte Verordnung für Finanzanlagenvermittler wurde am 20. September 2019 vom Bundesrat verabschiedet. Sie verpflichtet Finanzanlagenvermittler mit einer Zulassung nach § 34f der Gewerbeordnung (GewO), sogenannte 34f Vermittler, sowie Honorar-Finanzanlagenberater mit Erlaubnis nach § 34h GewO, ihre telefonischen Gespräche ab dem 1. August 2020 aufzuzeichnen und rechtskonform zu speichern.

Wie bei MiFID II müssen auch nach § 18a der novellierten FinVermV telefonische Vermittlungs- und Beratungsgespräche und sonstige elektronische Kommunikation aufgezeichnet und aufbewahrt werden. Allerdings müssen die Aufzeichnungen gemäß FinVermV zehn Jahre archiviert werden. Dieser Regel soll missbräuchliche Verhaltensweisen bei Finanzdienstleistern aufdecken oder bereits im Vorfeld unterbinden. So ist beispielsweise zu dokumentieren, ob und wie der Kunde über Chancen und Risiken des empfohlenen Geschäfts beziehungsweise über die Eigenschaften der empfohlenen Finanzinstrumente informiert wurde.

Die Aufzeichnungen dienen als vollwertiges Beweismittel – und zwar sowohl gegenüber der Aufsicht als auch in einem Haftungsprozess mit dem Kunden, dem die Aufnahme auf Anforderung zur Verfügung zu stellen ist. So ist auch der Kunde vorab darüber zu informieren, dass die (elektronische) Kommunikation aufgezeichnet wird und 10 Jahre zur Verfügung steht. Zudem müssen sie nach § 18 Abs. 5 FinVermV so gespeichert werden, dass eine nachträgliche Verfälschung oder eine Löschung nicht möglich ist.

Freie Finanzanlagenvermittler arbeiten sehr viel flexibler als beispielsweise Vermögensverwalter. So finden Beratungsgespräche häufig Face-to-Face oder per Handy statt. Zudem verfügen Finanzanlagenvermittler oft nicht über eine homogene Telefon-Infrastruktur, wie es bei Banken der Fall ist. Eine rechtskonforme Aufzeichnung ist hier schwerer abbildbar, weshalb es hier umso mehr eines Partners bedarf, der ein Lösung zur FinVermV-konformen Aufzeichnung zur Verfügung stellt, die jegliche Kommunikation über alle Kanäle aufzeichnen kann (Omnichannel).

MiFID II und FinVermV konforme Aufzeichnungslösung – ein Überblick der Anforderungen

Eine MiFID II- und FinVermV konforme Aufzeichnungslösung muss unter anderem folgende Anforderungen berücksichtigen:

  • Compliance-konforme Aufzeichnung
  • Omni-Channel Aufzeichnung (Sprache, Bildschirm, Video, Chat)
  • Aufzeichnung der Gespräche „on demand“ oder „automatisch“
  • Revisionssichere Datenspeicherung
  • Schutz der Aufzeichnungen vor Manipulation
  • Unveränderbare Speicherung für fünf Jahre (bis zu sieben Jahre) gemäß MiFID II; mindestens 10 Jahre gemäß FinVermV
  • Kurzfristige Bereitstellung der Aufzeichnungen für Kunden und Behörden auf Anfrage
  • Einfache Suche und Auffindbarkeit sowie mühelose Zuordnung von Aufzeichnungen aus den Geschäftsräumen des Vermittlers
  • Nachvollziehbarkeit nachträglicher Änderungen auch bei getroffenen Sicherheitsmaßnahmen
  • Einfaches Wiederfinden und mühelose Zuordnung von Aufzeichnungen aus den Geschäftsräumen des Vermittlers
  • Information, dass Aufzeichnung stattfindet (manuell oder automatisch)
  • DSGVO-Konformität: mandantenfähig, Benutzerrechte, logische Trennung der Datenbank bei Cloud Lösungen, Verschlüsselung etc.

Taping: Bürokratiemonster oder Chance?

Die Aufzeichnungspflicht ist die wohl am kontroversesten diskutierte Neuerung in der novellierten FinVermV. Es wird ein administrativer und finanzieller Mehraufwand erwartet. Denn jede neue Einführung von Richtlinien und Prozessen bedeutet in der Regel zunächst mehr Aufwand für die beteiligten Unternehmen. Letztendlich dienen solche neuen Gesetze und Verordnungen einem höheren Zweck – im Falle von FinVermV und MiFID II allem voran dem Verbraucherschutz.

Trotz Mehraufwand bietet das Taping auch Chancen. Betroffene Vermittler können die neue FinVermV nutzen, um ihre Prozessabläufe effizienter zu gestalten und ihre Strukturen auf einen moderneren Stand zu bringen. Sie können zudem die eigene Transparenz und Qualität hervorheben. Die aufgezeichneten Gespräche können dem Kunden einfach zur Verfügung gestellt werden und dienen gleichzeitig der eigenen Absicherung.

Geeignete Lösungen zur Aufzeichnung sind außerdem in der Lage, die Gespräche (in welcher Form auch immer) zu transkribieren und Protokolle zu erstellen, die im Anschluss an das Gespräch an den Kunden übermittelt und von diesem unterschrieben werden können. Dies führt auch zu einer reduzierten Nachbearbeitungszeit, da die manuelle Dokumentation entfällt. Darüber hinaus bieten Daten aus der Aufzeichnung eine gute Grundlage für eine anschließende Analyse, die dann für Compliance Management, Risikomanagement, Betrugserkennung, Schulungszwecke oder das Quality Management verwendet werden können.

Zu guter Letzt: Unternehmen dürfen nicht anfangen die Kommunikation über digitale Medien aufgrund solcher Richtlinien einzuschränken oder gar zu verbieten. In der heutigen Zeit wäre das ein fundamentaler Rückschritt und könnte für das Unternehmen mittelfristig negative wirtschaftliche Konsequenzen haben. Ganz gleich wie Sie zum Taping stehen: Das Taping steht fest und wird kommen. Bis zum 1. August 2020 haben die Finanzanlagenvermittler Zeit, um die Anforderungen der FinVermV umzusetzen. Eine baldige Umsetzung ist daher enorm wichtig!

Anmerkung des Autors: Die in diesem Artikel enthaltenden Informationen sind keinesfalls allumfassend und stellen keine juristische Beratung dar.

Michael Krause
Vice President Sales Central & Eastern Europe

Michael Krause ist Vice President Sales Central & Eastern Europe bei der ASC Technologies AG. Er ist seit vielen Jahren im Finanzumfeld tätig und berät Unternehmen zu technischen Lösungen zur Erfüllung von Compliance-Vorgaben hinsichtlich Recording und Analytics. Mit seinen Kompetenzen im Vertriebs- & Service-Management, Business Development und ITK-Lösungsvertrieb verantwortet er die operativen und strategischen Vertriebsaktivitäten der ASC Technologies AG bei Partnern und Endkunden.